Wie die Zeit verfliegt… mal wieder hieß es packen und diesmal würden wir den zweiten, großen Teil unserer Reise antreten – es ging nach Neuseeland! Der Flug mit Air New Zealand war wirklich überraschend – der Flieger sehr geräumig und modern, die Flugbegleiter freundlich und richtig gut gelaunt, das Essen lecker und die Flugzeit von rund neun Stunden mal wieder so schnell vorbei, dass ich es erneut kaum fassen konnte.

Am Flughafen in Auckland allerdings empfing uns eine lange Schlange und eine zähe Einreiseprozedur. Alle im Outdoorbereich genutzten Gegenstände wie Wanderschuhe, Schnorchelausrüstung oder Golfbälle müssen hier sowie alle Lebensmittel und andere biologischen Materialien wie Steine, Sand oder Muscheln deklariert werden, so dass wir gut anderthalb Stunden nach unserer Landung damit und mit der Kontrolle unseres Gepäcks verbrachten. Weitere 45 Minuten Fahrt mit dem Flughafenshuttle in die City später kamen wir dann endlich in unserem Hotel an – wirklich nicht gerade das schönste unserer Reise… Die Flure waren überhitzt und stickig, der Blick trotz der 13. Etage von Bürohäusern und Baustellen verbaut und hätten wir bei der Ankunft bereits gewusst, dass wir einen Tag lang kein warmes Wasser haben würden, hätten wir wohl schlechte Laune bekommen. Aber so waren wir einfach nur müde von der Anreise, froh, irgendwo endlich unsere Taschen abstellen zu können und gingen kurz nach Sonnenuntergang endlich los, um einen Eindruck von Auckland und noch einen Happen zu essen zu bekommen. Gar nicht so einfach, wenn man sich nicht auskennt!

Was für ein Durcheinander

Die Stadt war an diesem (Freitag) Abend voller betrunkener asiatischer Studenten, gröhlender Backpacker und Obdachlosen, die dunklen Straßen schienen zum Teil eher bedrohlich als einladend und wir sahen zwar hier und da mal einen netteren Laden, konnten uns dann aber doch nicht wirklich dazu entscheiden hineinzugehen, weil wir auch beide gar nicht so recht wussten, wonach wir eigentlich genau suchten. Die ganze Stadt wirkte auf mich auf den ersten Blick extrem laut und einfach nur durcheinander, auch wenn die aufjaulenden Ampeln mit den animierten Fußgängersymbolen uns sicher durch die Straßen lotsten. Dazu kam ein langsam richtig ordentlicher Hunger und damit auch richtig schlechte Laune…

Strom in der Luft

So standen wir an einer Straßenkreuzung – etwas frustriert, schnaubend, genervt und vor allen Dingen unentschlossen, was wir nun machen sollten – als plötzlich ein Mann, der eigentlich zwischen uns hindurchgehen wollte, stehen blieb und uns beide ansah, als hätten wir eine unsichtbare Grenze über den Weg gezogen, die er nicht überschreiten wollte. Mit einem Augenzwinkern sprach er uns an, ob er denn hier gefahrlos durchgehen könne, denn er würde hier eine gewisse „Spannung“ in der Luft spüren. Er hatte unsere etwas gereizte Stimmung wohl direkt erkannt. Wir erzählten ihm, dass wir gerade gelandet seien, uns nicht auskannten und einen netten Platz für einen entspannten Drink suchen würden. Greg, wie er sich dann vorstellte, war ein aufgedrehter und anscheinend wohl gerade recht angetrunkener Anwalt, der hier in Auckland mit seiner Frau und vier Töchtern lebte und es anscheinend sofort als seine Mission verstand, uns zu helfen und unseren ersten Abend in Auckland zu retten. „If you like, I can show you the best bar in Auckland…“ platzte es aus ihm heraus. Er plapperte auf uns ein, dass diese zwar einen kleinen  Fußmarsch entfernt sei, aber er uns dahinbringen könnte, da er gerade nichts Besseres zu tun hätte. Wir sollten ihm glauben, es sei die beste, romantischste und versteckteste Bar in Auckland… Greg versprach uns auch, sich nicht an uns dranzuhängen, dazu hätte er dann doch keine Zeit. Wir müssten nur „Ja“ sagen und ihm folgen. Mr. Incognito und ich sahen uns an, beide hin- und hergerissen, ob wir dem dahergelaufenen, glatzköpfigen Typen mit dem zu weit aufgeknöpften Hemd trauen sollten, stimmten aber schließlich zu… was sollte schon passieren?

Greg redete wie ein Wasserfall und begann kreuz und quer über die Straßen zu hechten, so dass ich kaum Schritt halten konnte… bis wir schließlich an einer kleinen Querstraße angekommen waren, in der sich aufgestylte Frauen und Männer mit Weingläsern dicht aneinanderdrängten und die man erst nach Passieren eines Türstehers betreten konnte. Ich blickte kurz an mir herab – auf meine Trekkinghose und meine Wanderschuhe – und bereute direkt, mich nicht doch etwas schicker gemacht zu haben. So war ich quasi aus dem Flugzeug gefallen und wollte doch nur einen Kleinigkeit essen und ein kühles Bier trinken… und jetzt standen wir hier zwischen hohen Absätzen, roten Lippen, glitzernden Ohrringen und getuschten Wimpern und ich kam mir wie ein richtiger Schlonz vor. War nun aber nicht zu ändern. Greg dirigierte uns durch die Meute von einem Laden zum andern, sprach hier mit dem Türsteher und dort mit einem Kellner und wir ließen ihn einfach machen. Nach langer Hin- und Herdiskutiererei hatte er uns anscheinend einen Tisch in der angeblich besten Bar Aucklands reserviert, auf den wir nun aber noch 20 Minuten warten mussten. Greg wollte uns aber unbedingt schon einen Vorgeschmack darauf geben, worauf wir warteten und uns beweisen, dass es sich lohnte und schleuste uns so an den Türstehern vorbei in einen Club, wo eine dunkle, kleine Treppe zu einer verschlossenen Tür mit der Aufschrift „Caretaker“ hinabführte. Er öffnete sie und schob uns ein Stück weit hinein… und plötzlich standen wir in einer schummrigen Bar, die wie verzaubert wirkte. In dem kleinen Raum drückten sich Pärchen an kleinen Tischen aneinander, und der Barbereich war hinter der hölzernen Theke über und über mit skurrilen Skulpturen, metallenen Lampen und Tresoren dekoriert. Eine Frau in einem hübschen, geblümten Kleid sah uns mit glänzenden Augen an und wollte sich entschuldigen, dass kein Platz mehr frei sein, doch wir winkten ab, erklärten, dass wir gleich wiederkommen würden, und drückten uns wieder hinaus. Wir konnten kaum fassen, zu was für einem magischen kleinen Ort dieser Greg uns tatsächlich geführt hatte!

Wer hätte geahnt, dass hinter dieser Tür eine der besten Bars Aucklands auf uns wartete!
Der perfekte Plan

Wieder oben auf der Straße, nutzten wir unsere Wartezeit, um mit unserem ersten neuseeländischen Bekannten noch ein Bier zu trinken und Greg bestand darauf, uns für unsere anstehende Campingtour über die beiden Inseln Neuseelands eine Route und die wichtigsten Tipps und Highlights aufzuschreiben – denn keiner kannte sich seiner Meinung nach so gut aus wie er! Als wir schließlich zu zweit in die Bar hinuntergingen, hatten wir nicht nur einen warmen und wunderbaren Platz für unseren ersten Abend in Auckland gefunden, sondern auch Gregs perfekten Plan für die nächsten drei Wochen in den Händen – ein Grund mehr, mit ein paar leckeren Cocktails auf unseren ersten Abend in Neuseeland und unseren „Caretaker“ Greg anzustoßen.

Caretaker

Die Bar namens „Caretaker“ wirkte wie aus einer anderen Zeit. Die Barkeeper in Hemden und Hosenträgern hatten zur Seite gegelte Haare, in gedämpftem Licht und bei sanften Jazz Klängen saßen wir direkt an der Theke und beobachteten wie hier in höchster Konzentration gemixt, geshaked, komponiert und garniert wurde. Es duftete nach frischen Zitronen und Rum und wir ließen wir uns einlullen von dieser ganz besonderen Atmosphere… Im „Caretaker“ gab es keine Karte – stattdessen unterhielten wir uns mit unserem Barkeeper, beantworteten ein paar Fragen dazu, was wir generell gern mögen und trinken und bekamen danach wunderbare Cocktails von ihm kreiert. Ein verrückter erster Abend… und auch die Bar verließen wir nicht ohne eine weitere kleine Liste mit Restaurantempfehlungen, die uns die Barcrew für die nächsten Tage zusammengestellt hatte. Auckland hatte uns standesgemäß willkommengeheißen und mit einem abschließenden Whopper auf der Hand schlenderten wir schließlich beschwingt zurück ins Hotel – gespannt, womit uns Neuseeland in den nächsten Wochen noch überraschen würde.

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