Unsere Zeit auf Kauai verging viel zu schnell. Wir hatten uns perfekt in unser kleines Apartment eingelebt und an die zahlreichen Hunde in der Nachbarschaft gewöhnt, die, wenn wir abends mit einer Taschenlampe bewaffnet als einzige zu Fuß die dunkle Straße aus Kapa’a nach Hause gingen, brav und wachsam der Reihe nach anschlugen. Vor allem aber hatten wir uns an das stete Gackern und Krähen der zahlreichen Hühner und Hähne auf Kauai gewöhnt. Nicht nur morgens weckte uns der wiederholte Hahnenschrei, manchmal schienen die Hühner auch mitten in der Nacht aktiv zu werden und irgendein Gegacker war eigentlich den ganzen Tag über zu hören – denn Hühner gab es auf Kauai tatsächlich überall: Auf dem Supermarktparkplatz tranken sie aus den Pfützen, an den Stränden scharrten sie im Sand, am Straßenrand sah man oft die Hennen mit ihren Küken im Gras picken und sogar an jedem erdenklichen Aussichtspunkt war meist auch mindestens ein stolzer Hahn anwesend. Gern wurde man dann mit einem ordentlichen „Kikeriki“ – oder wie man im Englischen sagt „Cock-a-doodle-doo“ – begrüßt. Bei unserem Besuch auf einem Golfplatz sahen wir sogar zwei Hähne, die sich eine Weile lang immer wieder gegenseitig über den Parkplatz jagten und wiederholt in kleineren Kampfepisoden mit geschwollenem Kamm und aufgeplustertem „Kragen“ aufeinander losgingen.

Die Hühner, die wohl wie Taro, Kokosnüsse oder Bananen erst vor etwa 1000 Jahren mit den Polynesiern nach Hawaii gekommen waren, hatten sich hier immer schon wohl gefühlt. Sie waren schnell wieder verwildert, doch als europäische und amerikanische Siedler Mungos mit auf die hawaiianischen Inseln brachten, um Ratten zu bekämpfen, wurden viele bodenbrütende Vögel und ebenso auch die polynesichen Hühner fast ausgerottet. Ausgenommen auf Kauai und dem benachbarten Niihau, denn hier kamen ihre Fressfeinde, die Mungos, niemals hin. Als zudem 1982 und 1992 große Hurricanes über Hawaii wüteten, wurden die Haushühner von den Höfen in alle Himmelsrichtungen verstreut und vermischten sich so mit den polynesischen Hühnern. Seitdem stieg die Zahl der auf Kauai lebenden Hühner nochmals deutlich an. Was nun auf den Straßen, in den Wäldern oder an den Stränden von Kauai umherflatterte, war eine bunte Mischung, die die bewegte Geschichte der Hühner auf Kauai widerspiegelte.

Die Mischung macht´s!

Tatsächlich waren vor allem die Hähne hier auf Kauai wahre Prachtexemplare mit in allen Farben schimmerndem Gefieder, stolzem Gang und prächtigen Schwanzfedern. Solche Hähne hatte ich in Deutschland tatsächlich noch nicht gesehen! Aber auch die Hühner sahen immer mal wieder ein wenig anders aus – mal braun, mal fast violettschwarz schimmernd, bewiesen sie und ihre wirklich oft putzig weißbraun gefleckten oder gelben Küken, die uns mal mehr, mal weniger unbeholfen über den Weg purzelten, wieder eins: Die Mischung macht´s!

Die Einheimischen selbst schienen eine Hassliebe zu den Hühnern und vor allem zu den rund um die Uhr schreienden Gockeln zu pflegen. Auf vielen T-Shirts, Flaschenöffnern, Stickern oder Schlüsselanhängern in den Souvenirshops prangten hier keine Delphine oder Schildkröten, sondern ein Hahn! Meist mit einem passendem Spruch wie: „Badass Rooster – I crow whenever I like“.

Hatte ich eigentlich erwartet, dass mich das Gegacker doch früher oder später nerven würde, erst recht wenn es mich morgens bereits aus den Träumen riss, so gehörte es nun doch irgendwie einfach dazu. Wir lachten über die dummen Hühner, das manchmal so erstaunlich bemüht klingende „Kikeriki“ und ahmten das Gegacker nach… kein Grund sich aufzuregen! Hühner gehören eben einfach zu Kauai dazu – so wie der Regen (oder „liquid sunshine“ wie die Hawaiianer sagen), durch den wir mit unserem Cabrio einfach hindurchfuhren und ihn dann eh kaum noch spürten.

Mal wieder hieß es packen… mal wieder Abschied nehmen… Etwas melancholisch verließen wir Kauai, die Garteninsel, deren Schönheit wir gerne noch mit etwas mehr Sonne und für ein paar weitere Tage genossen hätten. Doch nun… auf zu neuen Ufern! Nach all den ruhigen und sehr entspannten Inseln hieß es nun… auf ins trubelige Honolulu und zu unserer letzten Station auf Hawaii: Oahu!

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