Bei Abflug von Maui war für die ganze kommende Woche, die wir auf Kauai verbringen wollten, schlechtes Wetter vorhergesagt. Das machte unseren Abschied natürlich nicht leichter. Und auch die Frage, ob wir auf Kauai weiterhin so viele Wale sehen würden, wie es uns hier auf Maui gegönnt gewesen war, stimmte mich etwas wehmütig.

Keine Liebe auf den ersten Blick

Auf Kauai wurden wir tatsächlich von strömendem Regen und einem verhangenen, grauen Himmel begrüßt. Keine Liebe auf den ersten Blick… dass wir gerade hier als Mietwagen ein Cabrio gebucht hatten, kam uns in dem Moment etwas absurd vor. Als wir aber erfuhren, dass wir diesmal tatsächlich einen Mustang bekommen würden, freuten wir uns sehr! Schon bei unserer letzten USA Reise wäre ein Mustang unser heimlicher Favorit gewesen, auch wenn wir uns dann sehr gut mit dem Camaro, unserem „Red Sharky“ anfreundeten, den wir stattdessen bekommen hatten. Doch nach den ersten wenigen Metern mit unserem roten Mustang hieß es leider zurück zur Autovermietung: Die Scheibenwischer waren so abgenutzt, dass sie uns bei dem strömenden Regen keine ausreichende Hilfe waren und eher die Aussicht verschmierten als für Durchblick zu sorgen. Da die Mechaniker schon im Feierabend waren bekamen wir schließlich einen anderen Wagen – Gottseidank wieder ein Mustang, aber diesmal in knatschorange! Prima, dann konnte es es ja nun endlich richtig losgehen!

Endlich ankommen

Der Gastgeber unserer Airbnb-Unterkunft auf Kauai hatte bereits angekündigt, nicht zu Hause zu sein, aber auch hier war alles bereit und wir sollten uns ganz wie zu Hause fühlen. Diesmal bezogen wir einen kleinen Anbau, der sich an der Garage des Hauses unseres Gastgebers befand. Ein Appartment mit kleiner Küchenzeile, Schlafbereich und Bad – völlig ausreichend mit allem versehen, was man braucht und liebevoll mit einigen Muschelketten, einem Globus und vielen hübschen Bildern und Karten der Insel dekoriert. Wir fühlten uns direkt wohl, füllten den Kühlschrank verbrachten den erst Abend bei hawaiianischem Bier und Nudeln in unserer neuen Bleibe.

Nachdem wir am nächsten Morgen vom Gekrähe der zahlreichen auf Kauai lebenden Hähne geweckt worden waren, bestätigte der Blick aus dem Fenster, was wir erwartet hatten: Der Tag begann zwar zunächst trocken, aber auch eher dunkel und verhangen. Dennoch wollten wir bis zum einen Ende der eigentlich einzigen größeren Straße auf Kauai fahren: zum berühmten Waimea Canyon, den man hier auch als „kleinen Grand Canyon“ bezeichnet. Nach unseren Ausflügen auf Big Island zum Vulkan Mauna Kea und auf Maui zum Berg Haleakala sollte nun aber auch dieser Ausflug in die Höhe in einer grauen Regenwolke enden. Doch bei der An- und Abfahrt gab es viele schöne Stellen, an denen wir hielten, den beeindrucken Blick über den Canyon trotz Wolken genießen konnten und riesige Wasserfälle bestaunten. Wir besuchten auch den Vulkan Waiʻaleʻale, einen der regenreichsten Orten der Erde, an dem es tatsächlich an 335 Tagen im Jahr regnet… und ja, auch als wir am Aussichtspunkt standen, regnete es natürlich! Wir machten ein herrlich nasses Regenselfie, amüsierten uns über die absolut 0 Meter Aussicht und fuhren wieder.

Immer wieder überlegten wir, ob wir den für den nächsten Tag schon lange im Voraus gebuchten Helikopterflug zur Napali Coast bei diesem Wetter absagen sollten. Es wurde immer grauer, zog immer weiter zu… was, wenn wir nachher außer Wolken kaum etwas erkennen können würden oder gar mit dem Heli in einen Sturm gerieten? Dennoch beschlossen wir: Einfach machen – es würde schon irgendwie werden.

DOORS OFF

Unseren Helikopterflug auf Big Island, bei dem wir die rauchenden Vulkankrater und die fließende Lava aus der Vogelperspektive gesehen hatten, glaubten wir kaum noch toppen zu können. Doch auch wenn es der zweite Helikopterflug war, war ich auch diesmal wieder etwas nervös, denn wir hatten einen „Doors-off“ Flug gebucht, also ohne Türen! Natürlich hatte ich als Fotografier-Wahnsinnige hauptsächlich daran gedacht, dass ich ohne störende Reflexe der Fensterscheiben bessere Bilder machen können würde, so langsam wurde mir aber auch klar, dass das doch ganz schön aufregend werden könnte!

Das Wetter hielt sich einigermaßen, es war trocken und bewölkt und wir waren für den Flug warm in unseren Regenjacken eingepackt… Gegen 9.45 Uhr war es dann soweit und wir stiegen mit zwei anderen Gästen zu unserem Piloten Jason in den Helikopter. Während das andere Pärchen vorne bei unserem Piloten saß, hatte Mr. Incognito den Platz hinten links und ich den hinten rechts zugewiesen bekommen und wurden nun von einem Mitarbeiter von „Jack Harter“ dort festgeschnallt – jetzt gab es kein Zurück mehr! Wir setzten unsere Headsets auf, begrüßten der Reihe nach Jason über das Intercom und schon hoben wir ab!

Das etwas wacklige Gefühl beim Start war diesmal noch ein wenig realer – wir saßen ja gefühlt halb draußen und auf den Kufen des Helikopters. Kaum waren wir abgehoben, fühlte ich den Wind in meinem Gesicht und musste grinsen: was für ein cooles Gefühl! Ich griff kurz nach Mr. Incognitos Hand und strahlte ihn an. Alle Sorgen waren vergessen, das hier war einfach großartig!

WIE EIN URALTES GESICHT

Schon nach wenigen Minuten änderte sich die Landschaft unter uns – Städte, Wälder, Rinder und Felder wichen einer beeindruckenden Kulisse aus grünen Hängen, narbigen Schluchten und rotbraunen, faltigen Felsen, die unter uns dahinzogen oder neben uns in den Himmel ragten. Keine Wolke trübte unseren Ausblick auf diese malerische Landschaft, die wie eine Miniaturwunderwelt unter uns lag. Wenn man von hier oben sieht, wie sich die Flüsse durch das Gebirge schneiden, das Regenwasser über Jahrmillionen hinweg Schluchten in das Gestein gewaschen hat und wie überall Wasserfälle emporsprudeln, wird einem erst wieder bewusst, wie winzig wir sind und wie unbedeutend kurz unsere Existenz auf diesem Planeten. Kauai als älteste der Hawaii Inseln zeigte uns – von hier oben betrachtet – ihr ganzes furchiges und wunderschönes, uraltes Gesicht.

Ich staunte ehrfürchtig über diese Natur und der Wind peitschte mir einige Tränen über das Gesicht. Jason flog uns nah über die scharfkantigen Klippen hinweg, so dass unter uns die Schluchten beeindruckend abfielen und die Wasserfälle neben uns tosend in die Tiefe stürzten. Dann tauchten einige Wolken auf, doch nur, um sich kurz darauf wie ein Vorhang zur Seite zu schieben und den Blick auf das blaue Meer freizugeben – und die Napali Coast, die sich nun unter uns präsentierte.

Ich musste kurz nach Luft schnappen: Das Motiv, das ich seit Monaten als Bildschirmhintergrund auf meinem Reiselaptop eingerichtet hatte und kaum daran geglaubt hatte, es wirklich einmal so vor mir zu sehen, erstreckte sich nun lebendig und in voller Pracht genau so vor mir. Unglaublich! Als es dann noch in meinem Kopfhörer knackte und ich Jason sagen hörte, dass unter uns ein Wal zu sehen sei, glaubte ich meinen Ohren kaum! Wir drehten ein paar Extrarunden über dem Wal und sahen ihn mit seiner großen Brustflosse auf das Wasser schlagen und darin umherplantschen.

Dann ging mein Blick zurück zur Napali Coast… DAS war für mich Hawaii! Blaues Meer, weiße Gischt, schwarzes Lavagestein und daneben weißer Sandstrand, umsäumt von roten Felsen und der endlosen grünen, üppigen Vegetation… unwirklich schön!

 

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