Um die glühende Lava mit eigenen Augen und aus nächster Nähe zu sehen, mieteten wir uns Fahrräder und fuhren entlang der Craters Chain Road, einer Schotterpiste, an der auch unsere Lavacabin stand, etwa eine halbe Stunde in Richtung des „Ocean Entrys“. Der Typ, von dem wir die Räder hatten, ein knackbrauner, stämmiger Kalifornier, hatte uns gut beschrieben, wie wir die Lava finden würden. Kurz vor „Gate 3“ stellten wir also unsere Räder ab und setzten unseren Weg zu Fuß fort. Dieser führte nun quer über das erstarrte Lavafeld und wir wussten, dass wir ab jetzt etwa eine Stunde laufen mussten, bis wir die Lava finden würden. Da sich der Lavafluss täglich verändert, gibt es keine Schilder, gesicherten Wege oder andere Hinweise. Wir schlugen in etwa die beschriebene Richtung ein und hielten Ausschau nach den „Heatwaves“, also flirrender, heißer Luft über dem Boden und somit eindeutiger Hinweis auf flüssige Lava.
Etwa eine Stunde lang tat sich nichts. Der Boden unter unseren Füßen zeigte sich in den bizarresten Formen, die manchmal an knorrige Wurzeln, zerklüftete Platten oder dahingegossenes Metall erinnerten. Wir erklommen kleine Hügel und stapften durch kantige Schluchten – jeder Schritt verlangte höchste Konzentration. Die erkaltete Lava war scharfkantig wie Glas, manchmal aber auch fast wieder so porös wie Kohle und brach hier und da unter den Füßen ein. Bei manchem Schritt auf einen scheinbar stabilen Brocken, hörte man es leise knacken und der dumpfe Wiederhall ließ erahnen, dass man wohl über einem Hohlraum stand. Auch hier stieg an vielen Stellen Dampf aus dem Boden und langsam fühlte sich dieser auch schon etwas wärmer an. Es konnte nicht mehr lang dauern…
Dann plötzlich sah ich am vor uns gelegenen Hang etwas Orangenes aufblitzen. Der Regenponcho eines Wanderers? Eine Warnweste? Doch dafür war es viel zu groß… „Ich sehe Lava!“ rief ich fröhlich und endlich wussten wir wieder ganz genau, in welche Richtung wir weiter gehen mussten.
Es dauerte noch eine Weile, bis wir direkt vor dem Hang standen und sahen, wie andere Besucher die steilen Brocken hinaufkletterten, um die flüssige Lava aus nächster Nähe zu sehen. Also wagten auch wir den Aufstieg, immer bedacht darauf, nicht auf hellgraue, schimmernde Lava zu treten, vor der uns der Kalifornier gewarnt hatte. Diese war wahrscheinlich noch frisch, heiß und daher instabil.
Als wir endlich den kurzen aber sehr steilen Aufstieg hinter uns gebracht hatten, standen wir plötzlich direkt davor: Aus zwei Spalten nur wenige Meter vor uns quoll zähflüssig und orange glühend die Lava! Uns schlug eine unglaubliche Hitze entgegen, aber ich hatte nur noch einen Gedanken: Ich musste einen festen Stand hier oben finden und meine Kamera aus dem Rucksack kramen, um diesen einmaligen Anblick festzuhalten! Während die Hitze langsam auch durch unsere Schuhe drang, betrachteten wir fasziniert, wie sich der feurige Strom seinen Weg bahnte, wie dicke, glühende Lavazungen sich durch immer wieder neu entstehende Öffnungen schoben und es zwischen den vermeintlich toten Steinen glühte.
Von hier oben entdeckten wir noch weitere Stellen, an denen die Lava emporquoll und beschlossen, uns auch diese noch anzusehen. Also kletterten wir weiter. Dabei war es ratsam, sich möglichst nicht mit den Händen am scharfkantigen Lavagestein abzustützen, was mir leider nicht immer gelang. So schnitt ich mich einmal und zog mir einige kleine Splitter in den Händen zu. Langsam merkte ich auch, wie meine Beine etwas müde wurden, aber der Anblick dieser Urgewalt ließ mich das alles vergessen.
Nur wir und die Lava
Eine Stelle, von der aus wir uns ganz zum Schluss noch mehrere Lavaströme betrachteten, die sich langsam wie eine träge Feuerwalze in unsere Richtung schoben, hatten wir schließlich für uns ganz allein. Überall um uns herum knackte das erkaltende Gestein und wir sahen nicht nur die leuchtenden Lavaströme vor uns, sondern plötzlich wurde uns auch bewusst, dass wir umgeben von frischer, heißer Lava waren. Deren Oberfläche war von der, auf der wir standen, kaum zu unterscheiden, doch über ihr flirrte die Luft und in den Spalten sah man die feurig rote Glut… es war höchste Vorsicht geboten, wenn wir nun den Rückweg antraten!
Während wir fast unsere ganze Wanderung erstaunlicherweise vom Regen verschont geblieben waren, wurden wir bei der Lava von zwei kurzen Schauern erwischt. Doch wir bemerkten es kaum – viel zu bewusst war uns, was für ein einmaliges Naturschauspiel wir hier aus allernächster Nähe erleben durften!
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