Jeder Morgen begann damit, verschiedene Wetter Apps zu checken und zu planen, wie wir unsere Route fortsetzen mussten, um nicht in den Regen zu fahren. Wie gut, dass wir mit unserem Camper so flexibel waren! Ein Highlight hatten wir uns für die Nordinsel jedoch noch vorgenommen, für das wir auf jeden Fall gutes Wetter brauchten: Wir wollten das Tongariro Alpine Crossing, eine rund 20 km lange Wanderung durch das Gebirge unternehmen, von der wir schon so viel gehört hatten! Immer wieder trafen wir jedoch unterwegs auf Leute, die diese Wanderung sehr gern gemacht hätten, denen aber das neuseeländische Wetter einen Strich durch die Rechnung gemacht hatte… Bei Regen, Nebel, Sturm oder Schnee würden auch wir natürlich keine 8-Stunden-Wanderung durch die Berge antreten! Vor einigen Tagen war der Weg sogar noch wegen schlechten Wetters gesperrt gewesen, doch wir schienen Glück zu haben und wagten bei anscheinend recht guten Wetterprognosen die Planung unseres Abenteuers.

Da es sich dabei aber um eine „Oneway“-Wanderung handelt, war etwas Organisation im Vorfeld nötig. Wir mussten einen Platz im nahegelegenen Campingplatz ergattern, einen Busshuttle bis zum Startpunkt der Wanderung buchen und auch den Rückweg mit dem Busshuttle vom Ende der Wanderung planen. Mit manchmal sehr langsamem bis kaum vorhandenem Internet gestalteten sich alle Recherche- und Buchungsarbeiten in unserem mobilen Bloxie-Camper-Reisebüro oft aufwendiger als gedacht, aber schließlich war auch das geschafft und wir machten uns frohen Mutes auf den Weg zum Tongariro Nationalpark.

„The weatherforecast for today is simple…“

Als wir auf den Campingplatz fuhren, waren wir froh, am Abend zuvor bereits reserviert zu haben: Er war bis auf den letzten Platz ausgebucht! Da uns am nächsten Morgen schon um 7 Uhr der Bus abholen und zum Startpunkt der Wanderung bringen sollte, verbrachten wir den Abend damit, unseren Proviant für den nächsten Tag vorzubereiten, die richtige Kleidung zusammenzusuchen und unsere Rucksäcke zu packen – wir waren sehr gespannt, wie gut wir die Wanderung meistern würden!

Am nächsten Morgen war es dann soweit: Mit einem Bus voller mehr oder weniger gut ausgestatteter und teils noch etwas verschlafener Wanderer und einer gutgelaunten Busfahrerin machten wir uns in der Morgendämmerung auf den Weg zum Startpunkt. Wir trugen uns in eine Liste ein (damit auch niemand abhanden kam) und ließen uns kurz vor dem Start noch letzte Instruktionen von unserer Busfahrerin geben… die wichtigste Info aber gab sie uns zum Schluss mit auf den Weg: „The weather forecast for today is simple: … it’s perfect!“ Am Horizont erwachte der Tag in pastelligen Tönen und ich lächelte. Was hatten wir für ein unglaubliches Glück!

Wenige Minuten später standen wir also am Beginn unserer Wanderung – die Luft war noch recht frisch und auch wenn viele Touristen mit uns den Weg in Angriff nahmen, war es doch ruhig und idyllisch. Es duftete nach Gräsern und Blüten und die ersten Sonnenstrahlen lukten über die Gipfel. Noch ein bisschen Sonnencreme auf die Nase, dann stapften wir los!

Das Tongariro Alpine Crossing ist wohl die beliebteste und bekannteste Ganztageswanderung in Neuseeland. Sie beginnt auf einer Höhe von 1120m, führt durch das Mangatepopo Valley, durch den South Crater und bis hinauf auf den Red Crater auf 1886m Höhe. Vorbei an den berühmten Emerald Lakes verläuft sie dann am Hang des Tongariro wieder bergab bis zum Ende auf 760m. 19,4 km und einige Höhenmeter lagen also vor uns und der Anfang präsentierte sich flach, gut ausgebaut, und leicht gehbar. Doch die allseits als anspruchsvollere Wanderung ausgeschriebene Strecke verlief natürlich nicht lange so weiter. Es folgten ordentliche Aufstiege – teils über Stufen, teils über Felsen, teils auch über rutschigere Steinhänge… manchmal waren kleine Ketten oder Seile angebracht, um etwas Halt zu schenken, doch der Weg schien sich immer steiler in den Himmel zu schrauben. Hatten wir zu Anfang noch die Kälte der Berge gefürchtet, schälte ich mich immer weiter aus meinen zahlreichen Schichten und stellte schnell fest, dass ich die Hälfte meiner Kleidung wohl ruhig im Camper hätte lassen können. Die Sonne schien, ein paar Wolken zogen hin und wieder über den Himmel und spendeten Schatten und schon bald präsentierten sich nach einigen steilen Aufsteigen und vielem Schnaufen die ersten atemberaubenden Ausblicke. Wir konnten tief hinab in Schluchten und kantige Krater blicken und auch hier stieg an vielen Stellen Dampf aus den Felsspalten.

Die teils endlos erscheinenden Aufstiege brachten uns ganz schön ins Schwitzen… nicht, dass wir nicht damit gerechnet hätten – doch immer wieder mussten wir kleine Verschnaufpausen einlegen und nutzten die Zeit dann um hinab in den Krater oder über die unglaubliche Landschaft zu blicken, die sich nun zu unseren Füßen erstreckte. Wir waren aber auch ein wenig erleichtert, wenn uns die anderen Wanderer ebenso schnaufend und schwitzend entgegengeklettert kamen. Wir alle würden den Weg heute schon irgendwie schaffen!

Gerade einige der Strecken, die schließlich steil bergab über einen Kamm und rutschiges Geröll unter unseren Füßen führten, verlangten mir einige Überwindung ab. Gerade dieses Gefühl, keinen sicheren Boden unter den Füßen zu haben und ins Rutschen zu geraten, ließ mich immer wieder erstarren und hätte ich gekonnt, wäre ich vielleicht direkt irgendwie abgehauen oder umgekehrt. Dass gerade aber auch der Teil der Strecke, von dem man den schönsten Ausblick auf die schier unglaublich leuchtenden Emerald Lakes hat, eine einzige Rutschpartie über Geröll ist, hätte ich wirklich nicht erwartet. Immerhin sah man bei jedem Schritt, dass sich die Anstrengung und die Überwindung lohnte und es alle Strapazen wert war, um diese wunderschönen Ausblicke zu genießen.

Die „Emerald Lakes“: Unbeschreibliches Grün und Dampfwolken… wie auf einem anderen Planet!

Ich zog mir meine eigentlich gegen Kälte eingesteckten Handschuhe an, um mir bei einem eventuellen Sturz nicht alles aufzureißen. Ich rutschte tatsächlich auch nur einmal wirklich aus (verglichen mit einigen anderen war das wirklich noch harmlos)– und landete recht sanft auf dem Hintern. Mit jedem Schritt gewöhnte ich mich mehr an den rutschigen Untergrund, der steil vor uns hinab führte, und dachte immer wieder an unsere Surfstunde und Zack, wie er zu mir sagte: „You got it.“ Wie beim Surfen versuchte ich meine Balance zu halten und überstand so auch – endlich! – den Abstieg.

„Geschafft!“ … dachte ich zumindest, denn der schwierigste Teil des Abstiegs lag noch vor mir.

Dass ich an diesem Tag meine große Kamera im Camper gelassen hatte, um Gewicht bei der Wanderung zu sparen, ärgerte mich zwar hin und wieder ein wenig, aber die Ausblicke und der Stolz ließen keinen Raum für schlechte Laune.

Gegen 16 Uhr kamen wir am anderen Ende des Weges an und stiegen glücklich aber erschöpft mit schweren Beinen und nach langem Abstieg schmerzenden Knien in den Bus. Was für ein wunderbarer Tag hinter uns lag – und wieder eine Challenge, die wir überstanden hatten! Wir freuten uns auf ein kaltes Bier und Käsenudeln mit Ketchup, die wir uns zur Feier des Tages in unserer kleinen Campingküche und beim Schein unserer neuen, bunten Lichterkette gönnen würden.